Leseprobe
Inhalt
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Die Juwelenschatzkammer guter Ratschläge
Auflistung der ersten Zeilen der hundert Verse
Ratschläge für Vajrayana-Praktizierende
Ratschläge zur Vorbereitung der Mahamudra-Praxis
Ratschläge für Mahamudra-Praktizierende
Ratschläge, wie man Hindernisse beseitigt, wenn man ihnen begegnet
Ratschläge in Bezug auf die sechs Yogas von Naropa
Ratschläge in Bezug auf das Endergebnis der Dharma-Praxis
Fazit mit kurzgefasstem Ratschlag
Widmung
Anhang
Das Leben von Drikung Bhande Dharmaradza
Über den Autor: Khenchen Könchog Gyaltsen Rinpoche
Orientierungshilfen für Dharma-Praktizierende
Glossar der Aufzählungen
Glossar der Begriffe und Namen
Index
Ausgewählte Bibliografie
LESEPROBE (aus dem Kapitel “Ratschläge in Bezug auf das Endergebnis der Dharma-Praxis”)
102 Ununterbrochenes Mitgefühl ist wie ein Fluss.
Es ermüdet nicht und wird nicht mutlos.
Es ist den Grenzen von Samsara gewachsen.
Dies ist mein Herzensrat.
Mitgefühl ist die Quelle von Buddhas grenzenlosen, ununterbrochenen und bedingungslosen großen Aktivitäten. Ebenso wie ein Fluss ohne Anstrengung unaufhörlich fließt, fließen auch die Aktivitäten des Buddha zu allen fühlenden Wesen, bis sie frei vom Leiden sind. Sogar dieses Buch ist eine Manifestation der Aktivitäten des Buddha. Es wird den Lesern viel Nutzen bringen, besonders wenn sie seine Anweisungen in die Praxis umsetzen. Weil er sein Mitgefühl vervollkommnet hat, ist der Buddha niemals müde oder mutlos. Seine Aktivitäten setzen sich ohne Ende fort.
Wenn die Aktivitäten des Buddha allein ausreichend wären, um Samsara zu beenden, hätten inzwischen alle Wesen Erleuchtung erlangt. Da das nicht der Fall ist, müssen wir einsehen, dass wir selbst durch Studium und Praxis die Verbindung herstellen müssen. Auch ist Erleuchtung nicht etwas, das fühlende Wesen für sich allein erreichen könnten. Der Buddha zeigt den Pfad; es ist unsere Verantwortung, diesem Pfad Schritt für Schritt zu folgen. Deshalb sollten wir Vertrauen in die drei Juwelen aufbauen: den Buddha, den Dharma und den Sangha.
Buddhas gehen aus Bodhisattvas hervor und Bodhisattvas gehen aus der Entwicklung von Bodhicitta hervor. Mitgefühl ist die Grundlage, auf der wir Bodhicitta entwickeln, dann seine Praxis erweitern, Buddhaschaft erlangen und schließlich die Qualitäten eines Buddha zeigen. Genauso, wie Wasser notwendig ist, damit die Saat sprießen und die Pflanze dann wachsen kann, bis ihre Früchte völlig reif sind, unterstützt das Wasser des Mitgefühls das Aufblühen der Buddhaschaft und all ihrer begleitenden Aktivitäten. Mitgefühl schafft die Verbindung zwischen Buddhas und fühlenden Wesen.
Alle Buddhas haben unendliches und vollkommenes Mitgefühl, Weisheit, Aktivitäten und Fähigkeiten. Ob ein fühlendes Wesen davon einen Nutzen hat, hängt dennoch von drei voneinander abhängigen Verbindungen ab: den vorurteilsfreien Segnungen des Dharmakaya, der Motivation des Wesens und dem Bestreben des Buddha. Eines oder sogar zwei von diesen sind nicht genug. Alle drei müssen zusammenkommen, damit sich jemand aus Samsara befreien und die Erleuchtung erlangen kann. Dies wird ausführlicher in Texten wie ‚Der kostbare Schmuck der Befreiung‘ und ‚Das einzige Ansinnen‘ erklärt.
Buddhas und Bodhisattvas manifestieren sich manchmal als Ärzte und verwenden Medizin als Grundlage für Heilung und zur Unterstützung. Um den Wesen zu nutzen, können sie sich als die Sonne manifestieren, um die Dunkelheit zu vertreiben, oder als der Mond, um unerträgliche Hitze zu kühlen. Manchmal manifestieren sie sich als Kind oder als alter Mensch, als Kranker oder als Leichnam. Die Buddhas und Bodhisattvas verwandeln sich jedoch nicht wirklich in diese Dinge. Dies sind nur die Erscheinungen der erleuchteten Aktivität, die anstrengungslos gezeigt werden, bis alle fühlenden Wesen befreit sind. Aus ‚Den mystischen Körper manifestieren‘:
In einem Augenblick manifestierst Du Dich in einem Ozean von Kalpas.
Du kannst grenzenlose Bereiche in ein einziges Atom einfügen.
Obwohl Du diese unzähligen Gegensätze ausführst,
finden sie frei von Fehlern in der Art des Verweilens statt.
Der Buddha gibt den Schülern zuliebe auf geschickte Weise Unterweisungen. Diese authentischen Lehren sind durch die vier Siegel gekennzeichnet, die aussagen, dass
1. alle zusammengesetzten Phänomene vergänglich sind;
2. Samsara Leiden ist;
3. die Phänomene ohne ‚Selbst‘ sind;
4. Nirvana Frieden ist.
Wenn die Schüler ihr Verständnis dieser Punkte durch die Praxis entwickelt haben, lehrt sie der Meister schrittweise größere geschickte Mittel und Weisheit. Dies veranlasst sie, dem Mahayana-Pfad zu folgen und schließlich in die Buddhaschaft versetzt zu werden.
Wenn der Mond am Himmel aufgeht, wird er gleichzeitig von tausenden von Wasserflächen auf der Erde reflektiert. Tausende von Fernsehgeräten können ohne Anstrengung oder Nachdenken in einem Augenblick dasselbe Programm zeigen. Tausende von Radios spielen im selben Augenblick dasselbe Lied. In entsprechender Weise erreichen die Buddha-Aktivitäten unmittelbar alle fühlenden Wesen. Aus ‚Den mystischen Körper manifestieren‘:
Du hast das Übernehmen von Verantwortung für die fühlenden Wesen vervollkommnet,
ohne in Samsara verbraucht, entmutigt oder erschöpft zu werden.
Jeden höchsten Zweck, der in Deinem Geist auftaucht, vollendest Du vollkommen.
Für Dich werden diese Dinge Ursachen der Freude.
Obgleich Du zum Wohle jedes einzelnen fühlenden Wesens
Emanationen der Unendlichkeit des Raumes gleich aussendest
und in den zehn Richtungen und in vielen Kalpas manifestierst,
erscheint dies alles frei von Fehlern in der Dharmata.